Ein freiwilliges soziales Jahr im Kloster Memleben
Seit der Stiftungsgründung im Jahr 2008 ist es ein Ziel der gemeinnützigen Stiftung Kloster und Kaiserpfalz Memleben, im Bereich der Jugendbildung tätig zu sein. In Kooperation mit der ijgd Quedlinburg und mit Unterstützung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz bietet das Kloster Memleben seit der Saison 2009/2010 ein Freiwilliges Soziales Jahr in der Denkmalpflege an. Ein Angebot, dass von Beginn an Interessierte anspricht und seither den Teilnehmenden im Kloster Memleben einen vielfältigen Eindruck gibt, was alles ansteht und notwendig ist, um ein solches Baudenkmal zu erhalten und weiterzuentwickeln. Nicht unerheblich ist dabei der Gedanke, bereits jungen Menschen ein Gespür und Verständnis für Denkmäler, für Kunst und Kultur, für das historische Erbe unserer Gesellschaft nahe zu bringen. Viel Zeit, Engagement und Geld fließt in die Erhaltung des Klosters in Memleben – das sollte auch bei jungen Menschen ankommen, denn letztlich erfolgt die Erhaltung mit Blick auf und in die Zukunft und benötigt junge Unterstützer, die diese Arbeit fortführen.
Das Kloster Memleben als Einsatzstelle bietet abwechslungsreiche Einsatzmöglichkeiten, die je nach Neigung des*r Teilnehmer*in vertieft werden können.
Die aktuelle Teilnehmerin, Lisa Becker, geb. 2002 in Naumburg, hat im Jahr 2021 ihr Abitur an der Landesschule Pforta abgelegt und konnte sich offensichtlich von dem Thema Kloster nicht gleich trennen. Wie sie ihren Weg von Schulpforte ins Kloster Memleben fand und was sie dort erlebt hat, beschreibt sie wie folgt:
„Das Freiwillige Soziale Jahr im Bereich Kultur und Denkmalpflege bietet mir die Chance, einen Einblick in verschiedene Arbeitsbereiche zu erhalten und mich zum Teil auf mein Studium vorzubereiten. Durch die Einsatzstelle Kloster Memleben bin ich überhaupt erst auf die ijgd und FSJs im Bereich Kultur und Denkmalpflege aufmerksam geworden. Dementsprechend habe mich sehr schnell für diesen Ort entschieden, zumal ich ein großes Interesse an mittelalterlicher Geschichte habe, schon als Kind Museen sehr mochte und das Gelände hier ohnehin viele Male besucht habe.
Das Museum umfasst die Anlage eines ehemaligen Benediktinerklosters, welches 979 zum Gedenken an Heinrich I. und seinen Sohn Otto I. gestiftet wurde, da beide in Memleben ihren Tod fanden. Über 500 Jahre lebten hier Mönche, bis sie nach 1517 im Zuge der Reformation das Kloster verließen. Vom 16. bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts wurde es als Landwirtschaftliches Klostergut genutzt und war Schulpforte unterstellt (!). Zu DDR-Zeiten war in den alten Klostergemäuern ein Volkseigenes Gut (VEG) untergebracht. Seit 2008 gehört das Gelände der Stiftung Kloster und Kaiserpfalz Memleben, welche sich um nötige Restaurierungen kümmert und die Anlage als Museumsort mit umfassenden Ausstellungen hergerichtet hat.
Heute bietet das Museum neben verschiedenen Ausstellungsbereichen und einer liebevoll gepflegten Außenanlage auch museumspädagogische Angebote für Schulklassen, Vereine und andere Einrichtungen. Gerade zu Beginn meines FSJs war ich also entweder im Besucherservice tätig oder habe bei der Museumspädagogik geholfen. Dabei geht es vor allem darum, die Kinder zum selbstständigen Arbeiten anzuleiten und Wissen zu vermitteln. Nach einigen Wochen konnte ich dann auch halbe Gruppen für die Durchführung von praktischen Angeboten selbst übernehmen, sodass die Schülergruppen aufgeteilt werden konnten. Die Arbeit mit Kindern erweist sich für mich spannend, da diese oft ganz eigene Lösungsansätze für Probleme mitbringen und die meisten von ihnen, auch wenn sie am Anfang des Tages keine Lust hatten, doch glücklich nach Hause gehen.
In den Wintermonaten hat das Kloster nur seine Außenanlage geöffnet und es fällt weniger Arbeit im Besucherservice an. Jetzt stehen vermehrt organisatorische Aufgaben an, welche besonders die Vorbereitung auf die nächste Saison umfassen. Auf die Wünsche der FSJler kann besonders zu dieser Zeit verstärkt eingegangen werden So habe ich im Rahmen denkmalpflegerischer Sicherungsarbeiten in der Kirche den Steinmetzen und Restauratoren über die Schulter schauen und helfen können und konnte zum Teil selber mit Hand anlegen. Besonders im Hinblick auf meinen Studienwunsch in der Richtung Bauingenieurwesen hilft mir das hoffentlich. Dabei konnte ich praktische Erfahrungen sammeln und habe eventuell die Möglichkeit, diese Tätigkeit auch als Vorpraktikum für das Studium einzureichen.
Nebenbei habe ich viel an meinem freiwilligen FSJ-Projekt gearbeitet. Es handelt sich dabei um ein Modell des mittelalterlich nachempfundenen Klostergartens. Der Klostergarten im Memleben ist ein wichtiger Bestandteil des museumspädagogischen Angebots. Für die selbstversorgenden Klöster war ein umfangreicher Klostergarten überlebenswichtig. Welche Pflanzen vor allem im Mittelalter auch im Kloster Memleben genutzt wurden, kann man am Beispiel unseres Klostergartens gut erklären. Bei schlechten Wetterverhältnissen kann der Garten im Rahmen des museumspädagogischen Programms leider nicht besucht werden. Und so habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, ein Modell des Gartens zu bauen. Dieses besteht aus einzelnen Hochbeet-Modellen, sodass die Schüler die Teile selbst zusammenstellen können, um sich einen Überblick über den Aufbau des Bereichs zu verschaffen. In der Herstellung wurde Pappmaché auf Pappplatten aufgebaut und anschließend mit einer Styroporplatte abgedeckt, um eine Ebene Oberfläche zu schaffen, in die später Pflanzenmodelle gesteckt werden können. Durch diese Vorgehensweise sind die Einzelteile sehr leicht und handlich, was einen einfachen Umgang gewährleistet. Für die Optik eines Hochbeets sorgt eine Ummantelung der Elemente mit Balsaholz, während das Styropor braun angestrichen als Erde dient. Im letzten Schritt entstehen aktuell gebastelte Pflanzen. Dabei wurde eine Auswahl getroffen, welche Pflanzen den Schülern im besonderen Maße nah gebracht werden sollen. Für die Darstellung der Gesamtheit des Gartens sorgen Kärtchen auf den Beeten, welche alle Pflanzen auflisten, die aktuell im Klostergarten in Memleben wachen. Da besonders das Riechen und Fühlen der Pflanzen für die Schüler interessant ist, sind die Beete teilweise mit Taschen versehen, um echte Pflanzen den entsprechenden Beeten der Modelldarstellung zuzuordnen. Zwar ist der Besuch des richtigen Klostergartens in jedem Fall besser, jedoch bietet das Modell hierbei eine Alternative, welche die Schüler dazu anleitet sich mit dem Aufbau des Gartens auseinander zu setzen und selbst verschiedene Pflanzen zu entdecken, was anderenfalls bei schlechtem Wetter nicht möglich wäre.
Auch in der Bibliothek konnte ich Zeit verbringen und Verbesserungsarbeit an der digitalen Aufnahme der Bücher zu leisten. Ebenfalls auf meinen Wunsch hin wurde ich zu einem Termin bei einer Architektin mitgenommen und auch dort, in Hinblick auf das Studium, Erfahrungen zu sammeln.
Vielseitige Tätigkeitsfelder waren mir in meinem FSJ wichtig und dieses Bestreben sehe ich im Kloster Memleben optimal umgesetzt. Ich denke, dass angehende FSJler verschiedenster Interessen hier ihren Platz finden könnten und mit Spaß an die Arbeit gehen werden, da für jeden passende Aufgaben gefunden werden.
Auch zuvor schlecht gelaunte Besucher verlassen das Museum in den meisten Fällen mit einem Lächeln und mir geht es ähnlich, weil es einfach toll ist, an so einem schönen Ort arbeiten zu können.“
Wer ebenfalls an einem vielseitigen Freiwilligen Sozialen Jahr in der Denkmalpflege teilnehmen möchte, kann sich für die Saison 2022/23 gern noch bis Ende März bewerben.
Internationale Jugendgemeinschaftsdienste, Westerndorf 26, 38820 Halberstadt
Weitere Informationen zum Kloster Memleben:
Andrea Knopik, Museumsleiterin
Stiftung Kloster und Kaiserpfalz Memleben
Thomas-Müntzer-Str. 48, 06642 Memleben
Tel: 034672 / 938733